Der Sinn

Es war eine sehr erlebnisreiche Zeit, die ich, trotz der vielen negativen Erlebnisse, nicht missen möchte. Man erinnert sich eher an die vielen positiven Erlebnisse. 1,5 Jahre formen auch deinen Charakter. Ich hatte eigentlich viel Glück gehabt, denn die Arbeit mit den Hunden gab mir einen Sinn und machte mir Freude. Um bis zu 100 Hunde mussten wir uns kümmern. Wenn man nicht darüber nachdachte, warum all diese Hunde überhaupt da waren, hatte man sogar Spaß dabei.
Ach ja: den Hunden ging es, jedenfalls solang wie ich dabei war, gut. Viel Auslauf, ein Mal im Jahr eine tierärztliche Untersuchung und nie ganz allein. Denn an der Grenze durfte nie ein Wachhund alleine zum Einsatz kommen. Nicht, dass sie zusammen waren.. aber die Freilaufgehege und Laufleinen waren so angeordnet, dass jeder Hund mindestens einen Nachbar hatte.  Fast jeder Hund erhielt auch seine Streichel-Einheiten von mir.  Gern hätte ich mehr Zeit mit dem ein- oder anderen Hund verbracht. Natürlich gab es auch Hunde, die wir auf keinen Fall hätten anfassen können.  Zwei drehten schon durch, wenn man ihnen in die Augen schaute. Während meiner Dienstzeit bin ich drei Mal gebissen worden.  Diese "bösartigen" Hunde waren meist Schenkungen an die Grenztruppe. Manche kamen aus dem Strafvollzug oder von der Polizei. Dort wurden sie scharf gemacht und dann kam keiner mehr mit ihnen zurecht. Aber ich mit meiner Dackelerfahrung konnte nun zusehen. Der Schärfste von allen war ein Riesenschnautzer. Der konnte es absolut nicht ertragen wenn man ihn nur anschaute . Es dauerte sehr lang bis ich mich zu ihn rein getraute. Auf jeden Fall musste ich mich vorher überzeugen, dass nicht das kleinste Krümelchen mehr vorhanden war. Sein Futterneid war extrem. Wenn er so richtig in Fahrt war dachte man, der hätte Tollwut.  Als ich das erste Mal rein bin um seinen Zwinger zu reinigen, verbrachte ich einige Zeit erstmal vor seiner Zwingertür. Dann traute ich mich rein zu ihm. Ich vermied es, seinen Weg zu kreuzen, ihn anzusehen oder scharf anzusprechen . Für ihn war ich wahrscheinlich sowas wie eine Zimmerfliege, die es nicht würdig war, beachtet zu werden. Nur dumm, dass er sich dann vor seiner Zwingertür niederließ . Ich hatte nicht den Mut ihn dazu aufzufordern, mir Platz zu machen. Es dauerte fast eine Stunde bis er sich wieder bewegte.

Nach einigen Wochen entschloss ich mich, als ich mich alleine in der Zwingeranlage befand, ihn einfach mal wenigsten in der Anlage raus zu lassen. Immerhin hatten wir sowas, wie einen Nichtangriffspakt. Also einer griff nicht an und der Andere schaute ihn nicht an. Auf jeden Fall sprang er freudig eine Weile durch unsere Anlage. Nun fasste ich meinen Mut zusammen, nahm einen kleinen Stock, rief " Hier Rex! Hol das Stöckchen!" und warf den Stock zum anderen Ende des Geheges. Einen kleinen Augenblick schaute er mich fragend an. Aber mit einem Ruck setzte er dem Stock hinterher. Zu meinem Erstaunen brachte er ihn zu mir, ließ ihn fallen, drehte sich um und trollte davon. Ich bückte mich um den Stock wieder aufnehmen und sagte " Siehst du Rex.. bist doch gar nicht so böse." Ich hatte den Kopf noch nicht oben als er im  Bruchteil von einer Sekunde kehrt machte und auf mich zu raste, aber diesmal mit seinem übelsten Knurren. Ich erstarrte zu Stein, ließ den Stock aus meiner Hand fallen und senkte schuldbewusst meinen Kopf. Rex kam vor mir zum Stehen, knurrte, wie zehn Löwen, nahm schließlich seinen Stock und trollte mit ihm davon. Mir war klar geworden, dass wir wahrscheinlich nie Freunde werden würden. Aber als seinen Zwingerdiener respektierte er mich.

Laut Google hat ich aber damals nicht : Ist ein Riesenschnauzer gefährlich?

 

Der Riesenschnauzer ist klug und widerstandsfähig, besitzt Kraft und Ausdauer.... Fremden gegenüber kann der Riesenschnauzer sehr gefährlich werden: Er ist ein besonders guter und engagierter Wachhund, der seine Umgebung aufmerksam beobachtet und kein Interesse daran hat, jedermanns Freund zu sein.

 

Eins ist klar. Es ist nicht Rex' Schuld gewesen, dass er so geworden war. Die Schuld liegt mal wieder bei denen, die denken, es wäre gut - oder was weiß ich warum- einen Hund so zu erziehen und halten..

Abzeichen der Diensthundeführer der Grenztruppen.

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